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Geschichte der Bahn in Wendessen

In der Zeitung "Braunschweigische Anzeigen" im Juli 1843 konnte man seinerzeit folgendes lesen:

Unter höchster Genehmigung
Eröffnung der Magdeburger — Halberstädter Eisenbahn


Die Eisenbahn von hier über Groß-Oschersleben nach Halberstadt wird gleichzeitig mit der Herzoglich Braunschweigischen Eisenbahn Von Braunschweig nach Groß-.0schersleben am Sonntag, den 16. d.Mts. /gemeint ist der Juli 1843/ nach Maßgabe des nachstehend abgesondert abgedruckten Fahrplans für den Personenverkehr in Betrieb gesetzt v/erden, indem an der Tags vorher Statt findenden Festfahrt nur die ausdrücklich dazu eingeladenen Personen Theil nehmen können.
Der Tarif des Personengeldes wird auf allen Stationen ausgehängt werden!


Diese Veröffentlichung ist in diesen Tagen 165 Jahre alt. Seitdem ist nicht nur auf einer der ältesten Bahnstrecken Deutschlands viel passiert, sondern auch in unserem Ort Wendessen. Diese kurze Chronik soll einen Überblick in Schlagworten zu den wichtigsten Ereignissen der langen Geschichte der Eisenbahn in unserem Ort geben.

1843 – 1873 – Die Anfänge der Eisenbahn

Die Strecke wurde zuerst eingleisig gebaut. Bahnhöfe entstanden in Schöppenstedt, Kybitzdamm (Jerxheim)und Neuwegersleben. Endhaltestelle sollte Oschersleben sein. Der erste Zug befuhr also am 15. Juli 1843 die Strecke Wolfenbüttel -Schöppenstedt.

Am 18. November 1853, rund zehn Jahre später, wurde die Strecke zweigleisig ausgebaut. Die Schienen bezog man damals aus England. War die ersten zehn Jahre der Personenverkehr vorherrschend, so begann mit der Inbetriebnahme des zweiten Gleises der Güterverkehr in den Vordergrund zu rücken.

Bedauerlicherweise fehlen von diesem Zeitpunkt an bis zur Jahrhundertwende jegliche Unterlagen. Beachtlich ist immerhin, eine Anordnung der Kreisdirektionen Wolfenbüttel und Braunschweig aus dem Jahre 1848, wo man folgendes lesen kann:
"Strafandrohung 1 th wegen Gehen, Reiten und Fahren sowie Viehtreiben auf den Bahnkörper, außer dem, wer Steine, Holz oder sonstige Sachen auf die Bahn legt oder wirft und wer Schlagbäume eigenmächtig öffnet. Doppeltes Strafmaß, wenn der Frevel nach Sonnenuntergang begangen wird!"

Im Bild: Die letzte Fahrt der Braunschweig-Schöninger-Eisenbahn im Jahre 1971 in Richtung Wittmar.

 

1873 – 1903 – Vom Haltepunkt zum Bahnhof

Nach dem deutsch - französischen Krieg, ungefähr 1873 erreichte die unmittelbar beim Bahnhof liegende Zuckerfabrik die Umwandlung der "Haltestelle" Wendessen in einem Bahnhof. Sie zahlte 20.000 Mark zu und erhielt ein Anschlußgleis.

  Im Jahre 1896 wurde das Kaliwerk in Betrieb genommen. Dieses Werk half viel zum Emporwachsen des Bahnhof Wendessen bei. Ein eingleisiges Anschlußgleis wurde gelegt und mit den fabrikeigenen Lokomotiven "Sascha" und "Emil" gingen doch immerhin pro Tag sechs bis acht Sonderzüge zum Werk. Der Schacht bestand ungefähr bis 1935, in diesen Jahren ist er vollgelaufen. Es gab im Bahnhof Wendessen einen eigenen Bahnsteig, mit denen die Arbeiter zu den Schichten in Personenwagen nach Neindorf und zurück befördert wurden.

1898 entstand das sog. Beamtenhaus. Die Fahrkartenausgabe befand sich seinerzeit am Straßenübergang Wolfenbüttel — Gr. Denkte.
In den Jahren 1900 - 1906 hatte der Bf Wendessen einen täglichen Wagenausgang von ca. 180 Wagen, hinzu kamen pro Tag 30 — 40 Wagen Kohle für das Kaliwerk.

Im Bild: Entwurf für den Bau einer Bahnhofsstation in Wendessen

 

1903 – 1936 - Der Bahnhof im Wandel

1903 wurde das Bahnhofsgebäude gebaut.

Der Bahnhof gehörte bautechnisch zur Bahnmeisterei Schöppenstedt (diese wiederum zum Betriebsamt Wolfenbüttel). Die Bahnmeisterei Schöppenstedt versorgte die Bahnhöfe Wendessen, Dettum, Schöppenstedt und Watenstedt.

Der Durchgangsbahnhof bestand aus zwei Hauptgleisen, einem Überholungsgleis, sowie mehreren Anschlussgleisen u.a. für die Zuckerfabrik und das Kalkwerk.

Das Stellwerk Wf wurde am 25.09.1909 in Betrieb genommen. Das Stellwerk Ww im selben Jahr. Beide sind bis auf den heutigen Tag mechanische Stellwerke.

Der erste Weltkrieg machte dem emporstrebenden Bahnhof einen großen Strich durch die Rechnung. Im Jahre 1920 wurde aus heute noch nicht ganz klaren Gründen das Kaliwerk unter Wasser gesetzt.

Im Bild: Eine Arbeiter-Rotte im Bahnhof Wendessen um 19:30 Uhr

 

1936 – 1945 – Eine schwarze Zeit für den Bahnhof Wendessen

1936 bekam Wendessen eine elektrische Gleiswaage mit 40t Tragfähigkeit, desgleichen eine Kleinlok mit dazu gehörigem Schuppen. Im zweiten Weltkrieg kam die Kleinlok weg und ebenso erübrigte sich der Lokschuppen.

Während des zweiten Weltkrieges passierte täglich um 4:00 Uhr ein D-Zug von Amsterdam nach Leipzig den Bahnhof Wendessen.
Der 14. Januar 1944 ging in die Chronik des Bahnhofs Wendessen als schwarzer Tag ein. Gegen 18:45 Uhr bombardierten feindliche Flugzeuge einen eben einfahrenden Personenzug. Man zählte 8 Tote und viele Verletzte. Das Bahnhofsgebäude erlitt schwere Schäden. Die Fahrkarten wurden z. Zt. provisorisch in einem an der Ladestraße stehenden D-Zug-Wagen verkauft. Heute gedenkt man den Opfern mit einem Gedenkstein am Kriegerehrenmal in der Dorfstraße.

1945 – 1954 – Neue wirtschaftliche Impulse

Nach Kriegsende stiftete die neugezogene Grenze bei Jerxheim viel Unheil. Befuhr früher ein D-Zug die Strecke bis Halle - Leipzig, so waren es jetzt nur noch einige Personenzüge bis Schöningen bzw. Helmstedt, welche scharf am sog. „Eisernen Vorhang“ entlangfuhren. Die ehemalige Strecke Braunschweig – Oschersleben führte nun nur noch bis Helmstedt.

Die Zuckerfabrik ist in der Nachkriegszeit der größte Kunde der Bahn. Ganzjährig benötigte die Fabrik vier bis fünf Wagenladungen Braunkohlen aus Alversdorf. Aus der Nachkriegszeit lässt sich noch berichten, daß die Zuckerfabrik Wendessen im Jahre 1953 Zuckerrüben aus Frankreich bezog, alle übrigen Rübenladungen kamen zum größten Teil aus Schleswig-Holstein. Der Abtransport des Rohzuckers geschieht in Behälter-Tragwagen mit Deckeln. Für die Zeit der Kampagne lieh sich die Zuckerfabrik einen Kleinlok von den Hüttenwerken aus Salzgitter inkl. Betriebspersonal, bis die Fabrik im Jahre 1954 eine eigene Kleinlok für Rangierbewegungen anschaffte. Einer der größten Kunden zur damaligen Zeit ist das Kalk und Mergelwerk Bahl & Co. Im Durchschnitt verladet es pro Tag 10 K-Wagen mit Mergel, bei gutem Geschäftsgang mitunter auch in G—Null—Wagen Kalkmergel oder ähnliche Produkten.

Erwähnenswert ist darüber hinaus die Fa. K. Gevecke - Holzbiegerei, Parkettfabrik. Auch diese Fa. schickt Woche für Woche R-, O- und S-Wagen mit Schnittholz, Stammholz oder Schwellen in die verschiedensten Gegenden des Bundesgebietes. Häufig gehen eine bestimmte Zeit lang Schnittholzwagen in die Ostzone.

  Und als letztes wäre noch die Fa. Kurt Ecklebe, Möbelfabrikation in Gr. Denkte, zu nennen. Flüchtlingsbetrieb, Herstellung von sog. Mehrzweck- oder Verwandlungstischen. Diese Fa. stellt den Hauptanteil beim Stückgutversand. 20 Tische ca 45 kg sind keine Seltenheit am Tage.

In Richtung Braunschweig Hbf fahren in den fünfziger Jahren sechs Personenzüge, in Richtung Zonengrenze neun. In den Abend- und Nachtstunden verkehren die Personenzüge seit 1955 als Triebwagen.

Die Dienststelle umfasst in dieser Zeit zwölf Bedienstete, davon sind fünf Arbeiter und Beamte.

Im Bild: Skizze des Gleisbildes im Wendesser Bahnhof zur Blütezeit.

 

Mai 1954 – Veränderungen im Betriebsablauf

Das Abfahren der Züge regelt nicht mehr der Aufsichtsbeamte, sondern der jeweilige Zugführer des betreffenden Personenzuges. Die Roten Mützen werden eingezogen.

Der Getreidespeicher der Pa. Lüttge (Inh. Amhold) wird von der Firma Brunotte gepachtet. Brunotte baut eine abnehmbare Übergangsrampe, damit daß zu verladende Getreide mit Sackkarren vom Speicher in die Waggons gebracht werden kann. In der Erntezeit werden etwa zwei bis fünf Wagen täglich verladen.

Mai 1955 - Der Nachtdienst fällt auf der Strecke weg

Der Bahnhof Wendessen wird fachtechnisch selbstständige Nebendienststelle des Bahnhofs Wolfenbüttel.

Oktober 1956 – Beseitigung von Kriegsschäden und neue Aufgaben der Zuckerfabrik

Die Zuckerfabrik Wendessen verarbeitet keine Zuckerrüben mehr, sie wird mit den Zuckerfabriken Hornburg und Schladen vereinigt (Vereinigte Zuckerfabriken Hornburg-Schladen-Wendessen A G Werk Wendessen). Die Zuckerrüben werden hier nur noch gewaschen und mit der früheren Abladevorrichtung mit Wasserkraft verladen. In der Rübenzeit werden täglich 25-30 Wagen nach Hornburg gesandt.

Die am 14. Jan. 1944 durch einen Bombenangriff zerstörten Toilettenanlagen werden neu gebaut, und zwar im Beamtenhaus und im Bahnhofsgebäude mit Wasserspülung. Hierzu wird im Bahnhof der große Wartesaal getrennt, rechts Toiletten, links Fahrradraum. Der alte Fahrradraum wird Wartesaal.

Im Bild: Bahnhogsgebäude mit haltendem Zug 1968

 

Januar 1957 – Automatisierte Betriebsabläufe

Das Stellwerk Ww wird ausgeschaltet und an Stellwerk Wf angeschlossen. Die Signale werden von Wolfenbüttel aus bedient. Stellwerk Ww ist nur noch Zustimmungsstellwerk und wird bei Überholungen der Nahgüterzüge zeitweilig besetzt.

Oktober 1957 – Änderungen der Flächen der Zuckerfabrik

Die Lagerräume der Zuckerfabrik Wendessen werden von der Firma Brunotte gepachtet. Es werden etwa 60.000 Ztr. Weizen der Einfuhr und Vorratsstelle Frankfurt /Main gelagert.

Mai 1958 – Änderung der Organisation

Die Bahnmeisterei Schöppenstedt wird aufgelöst. Der Bahnhof Wendessen wird der Bahnmeisterei Wolfenbüttel unterstellt. Es verkehrt auf der Strecke erstmals ein Schienenschleifzug, der die Schienen abschleift.

Juni 1958 – Ausbau des Zuckerbodes

Die Fa. Brunotte baut auf dem Zuckerboden eine große Reinigungs- und Trocknungsanlage mit gleichzeitiger Vorrichtung für die Verladung von Getreide in loser Schüttung auf Eisenbahnwaggons. Die Reinigungs- und Trocknungsanlage dient zurzeit zur Herstellung von Hochzucht-Saatgut.

Mai 1959 - Aufgabe des zweigleisigen Betriebs

Am 31.05.1959 wurde die Strecke Wendessen – Schöppenstedt, gut 106 Jahre nach dem Ausbau, auf eingleisigen Betrieb umgeschaltet, die Konkurrenz der Straße setzt dem Schienenverkehr arg zu.


Im Bild: Das Bahnhofsgebäude Ende der Fünfziger Jahre von der Zuckerfabrik aus aufgenommen

 

1970 - heute

Als dann in den Siebziger Jahren der Aufschwung volle Fahrt aufnahm, verlor der Bahnverkehr und damit auch Bahnhof Wendessen zunehmend an Bedeutung. Bereits 1960 wurde das Stellwerk Ww abgerissen und auch eine Bedienung der Schrankenanlage erfolgte vom Stellwerk Wf.
Ende 1977 wurde das Bahnhofsgebäude abgerissen.

Mit Fahrplanwechsel vom 23. Mai 1982 wurde der Personenverkehr in Wendessen aufgegeben und der Bahnhof war nur noch für den Güterverkehr zuständig.

Nach Inbetriebnahme der automatischen Halbschranken an der B79 im Jahre 1993, kam das letzte Gebäude, Stellwerk Wmf unter die Spitzhake. Den Abriss führte die ortsansässige Firma Stiller durch.

Im Jahre 1995 ist der Name „Bahnhof Wendessen“ überall gelöscht. Es besteht lediglich ein Übergabegleis für den Asseschacht in Remlingen (Gesellschaft für Strahlenforschung). Früher kamen schwach-radioaktive Güter per Haus-Haus-Behälter, die vom Bahnhof Wendessen mit dem LKW nach Remlingen gefahren wurden.

Zwischen 1995 und 2000 fuhr täglich (14:35 Uhr) ein Sonderzug von Ronnenberg nach Wendessen mit 18 Kesselwagen, die mit Rückstandssalzen gefüllt waren, zur Auffüllung der Schachtanlage Asse II. Danach wurden die Salze in drei Fahrten zu je sechs, oder zwei Fahrten zu je neun Wagen zum Schacht nach Remlingen gefahren.

Aktuell ist im Rahmen der Einführung der Regiostadtbahn eine Nutzung des Bahnhofs in Wendessen als Haltepunkt der Linie 2 zwischen Meine und Schöppenstedt geplant. Eine Realisierung der Regiostadtbahn ist noch nicht genau projektiert.


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